Tischgesellschaft


Jury-Begründung Akademie Graz, 2014

Astrid Kury

 

Gertraud Enzinger, Tischgesellschaft

 

Gertraud Enzinger zeigt eine in vieler Hinsicht herausragende Arbeit: Zu allererst ist bemerkenswert, dass sie sich in einem schwierigen Ausstellungsambiente einen eigenen Raum erobert, mit einer ebenso klugen und einfachen wie stimmigen Abtrennung durch Packpapierwände und einer speziellen Lichtsituation, die sofort den Blick auf das reizvollste Moment der Arbeit lenkt, die Reliefs der bearbeiteten Oberflächen. Ein Schwarm von Tischen strömt aus einer Ecke des Raums heraus. Sie bestehen aus rohen verwitterten Holzbrettern, Fundstücken, und sind nur insofern Tische, als sie dem Formprinzip Tisch entsprechen und das bedeutungsvolle Motiv aufgreifen, ansonsten sind sie vielmehr wesenhaft. Ihre Oberflächen sind mit einer Vielzahl kleiner Einkerbungen versehen, die Strukturen der Natur anklingen lassen und deren Spiel von Licht und Schatten so anziehend ist, dass man sich dem Wunsch nach haptischer Wahrnehmung kaum entziehen kann. Ausgehend von der Faszination über die Intelligenz des Schwarms greift die Arbeit das Semesterthema der Parallele überraschend und produktiv auf: Aus der Analyse des Neben- wie Miteinander formt Gertraud Enzinger ein überaus dichtes Gewebe aus formalen und inhaltlichen Bezügen, die jeweils in sich stimmig sind, also immer neue Denkräume eröffnen; gleichzeitig überzeugt sie mit einer an die besten Momente der Arte Povera erinnernden Ästhetik.